Erdrutschsieg für den Grünen Michael Korwisi
Dramatische Schlappe für Oberbürgermeisterin Jungherr / CDU stellt jetzt keinen Dezernenten mehr


lat. BAD HOMBURG. Die CDU-Bastion Bad Homburg ist gefallen - und zwar in einem Erdrutschsieg: Erstmals seit 61 Jahren wird die Partei vom 18. September an keinen Oberbürgermeister mehr stellen, und die Union ist von da an auch nicht mehr im hauptamtlichen Magistrat vertreten. Bei der Stichwahl in Bad Homburg blieb gestern das von Beobachtern erwartete Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Oberbürgermeisterin Ursula Jungherr (CDU) und dem als Unabhängigen angetretenen Herausforderer Michael Korwisi (Grüne) aus. Der 57 Jahre alte frühere Stadtrat setzte sich vielmehr mit 59,5 Prozent überraschend deutlich gegen die Amtsinhaberin (40,5) durch. Die 62 Jahre alte Jungherr konnte nur fünf von 39 Wahlbezirken für sich verbuchen, darunter die großbürgerlichen Quartiere rund um den Hardtwald. Die Wahlbeteiligung lag bei 45,8 Prozent und war damit höher als vor zwei Wochen (41,4).


Er habe fest an seinen Wahlsieg geglaubt, "die Wechselstimmung war da", sagte Korwisi. Ihn überrasche allerdings der deutliche Ausgang. Mehrere Faktoren machte er für seinen Wahlsieg verantwortlich: So trauten die Wähler ihm als Person und Politiker mehr zu als der Amtsinhaberin. Er habe sich zudem auf mehr als 700 engagierte Wahlkämpfer stützen können, die ihm in den vergangenen Wochen mit großem Engagement geholfen hätten. Sein Wahlkampf sei obendrein aus einem Guß gewesen. Ebenso dankte Korwisi dem SPD-Kandidaten Karl Heinz Krug, der nach seinem Ausscheiden bei der Direktwahl, wie berichtet, ein Votum zugunsten Korwisis abgegeben hatte. Die gute Wahlbeteiligung bei der Stichwahl führte der gewählte Oberbürgermeister darauf zurück, daß die Wähler schon bei der Direktwahl, wo er einen hauchdünnen Vorsprung von 39,3 Prozent verbuchen konnte, gesehen hätten: "Hier in Bad Homburg geht doch etwas."

Korwisi streckte den Mehrheitsfraktionen von CDU und FDP "die Hand zur Zusammenarbeit" entgegen. Es habe im Wahlkampf ein paar Verletzungen gegeben, aber dies seien nur Abschürfungen, von denen keine Narben blieben. Einer Zusammenarbeit zum Wohle der Stadt stehe nichts entgegen.

Mit betretenen Mienen betrat die gesamte CDU-Führungsriege, angeführt von Sozialminister Jürgen Banzer und Landrat Ulrich Krebs, erst nach Bekanntgabe des endgültigen Ergebnisses den Rathaussaal. Wenn die Bürger den Wechsel wollten, habe sie dies zu akzeptieren, sagte Jungherr. Sie werde für eine ordnungsgemäße Übergabe sorgen und hinterlasse der Stadt geordnete finanzielle Verhältnisse. Es sei jedoch schade, dass sie die vielen Projekte, die sich gerade gut anließen, nun nicht mehr umsetzen könne. Zu ihrer persönlichen Zukunft sagte sie nur, dass ihre kommunalpolitische Arbeit damit beendet sei, sie aber CDU-Mitglied bleibe und als solches weiter "ein Wort mitreden" werde. Schuldzuweisungen wollte die gescheiterte Amtsinhaberin, die sich schon bei der innerparteilichen Kandidatenkür nur knapp gegen den Fraktionsvorsitzenden Alfred Etzrodt durchgesetzt hatte, nicht machen: "Wir haben heute Abend alle zusammen verloren." "Da rollen in der CDU Köpfe", prophezeite die SPD-Parteivorsitzende Elke Barth. Nun sei der "schwarze Bann" gebrochen. Dies werde Auswirkungen auf die politische Zukunft im gesamten Hochtaunuskreis haben. Davon wollte der frühere Landrat Banzer, der selbst zuvor von einer Richtungswahl gesprochen hatte, nun nichts mehr wissen. Banzer mahnte zu Ruhe und Besonnenheit. Dieses eindeutige Votum der Wähler müsse akzeptiert werden. Die CDU-Reaktion dürfe nun nicht sein, das Ergebnis mit einer schnellen Bürgermeisterwahl wieder korrigieren zu wollen. Dies gebiete der Respekt vor dem Wähler. Es gebe innerparteilich nun aber "viel Grund zu reden". "Das hat ordentlich gesessen", fand der CDU-Parteivorsitzende Thorsten Bartsch. Freilich müsse sich seine Partei nun über die Besetzung der vakanten Bürgermeisterstelle Gedanken machen, widersprach er Banzer. Auswirkungen auf die schwarz-gelbe Koalition im Hochtaunuskreis erwartet Landrat Krebs nicht. Auf Kreisebene arbeite man vertrauensvoll und projektbezogen zusammen. Dies hier sei lediglich ein - wenn auch klares - Votum der Bad Homburger Bürgerschaft gewesen. (Siehe Seite 41.)